Aufeinandertreffen zweier Interessenslagen
Fast täglich erfahren wir von Auseinandersetzungen zwischen Geschäftsleitungen und Betriebsräten. Was aus Zeitungsberichten, Rundfunk oder TV zu lesen und zu hören ist, betrifft in der Regel größere Unternehmen oder Konzerne.
Wie sieht es aber im Bereiche der Klein- und Mittelbetriebe aus. In Unternehmen, in denen der Inhaber sich direkt den Anforderungen, die das Betriebsverfassungsgesetz vorgibt, stellen muss.
In vielen Fällen wird eine “Front“ aufgebaut und mit dem Vokabular der Kriegsführung gearbeitet. In Abhängigkeit wie gewerkschaftsnah oder politisch „links“ stehend der Betriebsrat als Gremium sich zeigt, verhält sich der Unternehmer in der Regel analog.
Ein Inhaber, der sich um Aufträge, um Finanzierungen und das Tagesgeschäft kümmert, hat da natürlicherweise eine differenziertere Betrachtung als ein Betriebsrat. Da erscheinen mitunter Forderungen oder bereits bloße Diskussionen seitens des Betriebsrats zu bestimmten Themen, als Angriff auf das Unternehmen oder den Unternehmer. Was passiert wenn so ein Fall eintritt, der Unternehmer reagiert ganz normal, meist emotional und durchaus menschlich. Meine Erfahrungen der letzten Jahre öffnete mir den Blick für Alternativen. Statt zu reagieren sollte der Unternehmer agieren. Agieren im Sinne von Gestaltung. Es gibt im Betrieb so vieles zu gestalten, was Konfliktpotentiale reduziert. Wer es noch nicht erlebt hat und sich seit Jahren mit seinem Betriebsrat in einem Dauerkonflikt befindet, kann das schwer nachvollziehen. Tatsache ist (und selbst erlebt), mit der Gestaltung des Miteinanders im Unternehmen wird der Grundstein für die Existenz eines Betriebsrates überhaupt gelegt. Der Gestaltungswille beginnt im Kopf des Unternehmers.
Auch bei bestehenden Konstellationen mit einem Betriebsrat, ist eine nachhaltige Korrektur durch eine Implementierung eines Kommunikationsplans, möglich. Dieser Kommunikationsplan dient als Geländer für die Betriebs-, Abteilungs- und Teamleiter.
Das schwerste Stück Arbeit hat in solchen Fällen der Unternehmer selbst.
Er, der für alles verantwortlich ist und in vielen Fällen mit seinem persönlichen Hab und Gut für Eventualitäten haftet, denkt und handelt natürlich anders als ein Betriebsrat. Hier gilt es, sich der Zielkonflikte und der natürlich gegenläufigen Interessenslagen bewusst zu sein. Ein paar Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsgesetzes sind durchaus hilfreich. Wichtig ist, Forderungen des Betriebsrates in keinem Fall persönlich zu nehmen – auch wenn der Betriebsrat persönlich argumentiert.
Die Reaktionsspirale
Agieren ist das Zauberwort; nicht in eine Reaktionsspirale eintreten. Durch ein zielgerichtetes Gestalten eines menschenbezogenen Arbeitsumfeldes, erreicht man u. U. eine Substitution eines Betriebsrates. Ganz wichtig, Mitarbeiter mit „Rückgrat“ sind eine wichtige Ausgangsbasis in solch einem Prozess. Nur starke Mitarbeiter sind in der Lage, Dinge selbst zu bestimmen und eigenständig zu entscheiden.
Ein schöner Gedanke für manchen Leser. In der Tat, vor dem Vergnügen steht die Arbeit. Aus eigener Erfahrung, eine harte Arbeit, aber lohnenswert. Wenn man solch einen Weg gehen möchte, beginnt es bei dem eigenen Handeln. Das ist das Fundament der Veränderung. Korrekturen im Kopf und Verlassen von Positionen sind der Anfang. Lern- und Entwicklungsbereitschaft des Unternehmers begleiten und stabilisieren einen kontinuierlichen Prozess. Der Unternehmer sollte seine Führungskräfte mitnehmen. Begleitung und Coaching von außen helfen mit Reflektion und den Blick durch eine externe Brille.
Der Aufbau einer Unternehmenskultur, die sich an modernen Führungsgrundsätzen und modernen pädagogischen Erkenntnissen orientiert, wird immer durch ein aktives Vorleben der Führungsmannschaft und zuvorderst des Unternehmers begleitet. Mitunter muss eine neue Umgangssprache erlernt und von den Führungskräften trainiert werden.
In vielen Fällen geht es nicht um Lohn- oder Gehaltsstruktur. Es sind aus meiner Erfahrung mehrheitlich andere Themen: Wie ist der Umgang der Führungskräfte mit Mitarbeitern? Wie ist die Art der Kommunikation, wie gestalten Führungskräfte das eigene Königreich und wie wird mit Informationsvorsprung gegen die Mitarbeiter gearbeitet?
Die zweite Führungsebene ist ein wichtiger Bestandteil der Gestaltungsmöglichkeit für den Unternehmer im Spannungsfeld Geschäftsleitung und Betriebsrat.
Der Umbau in eine andere Zeit geht nur mit den Menschen im Unternehmen. Diese entscheiden auch letztendlich ob sie einen Betriebsrat benötigen oder nicht. Das kann der Unternehmer absolut beeinflussen. Die Mitarbeiter reagieren nur.
Und: Druck erzeugt nun mal Gegendruck; eine alte Weisheit aber unzureichend berücksichtigt.
Das verfassen der Beiträge macht mir noch mehr Freude, wenn ich Kommentare und Meinungen bekomme – auch und gerade abweichende Aussagen. Das fördert einen Dialog und meine Zellen!