Unterscheidungsmerkmale sind ein zentrales Kriterium im Wettbewerb. Insbesondere in der Druckindustrie hat sich in den letzten Jahren des Umbruchs gezeigt, dass Maschinenbesitz kaum als Unterscheidungsmerkmal taugt. Im ungünstigsten Fall schafft sich der direkte Wettbewerber eine noch schnellere Maschine an oder ändert seine Stundensatzberechnung.
Der Standort ist mittlerweile aufgrund der Infrastruktur und der Auswahl an Speditionen, in den überwiegenden Fällen kein echtes Unterscheidungsmerkmal mehr. Leistungsfähigkeit in Quantität und Qualität sind seit etlichen Jahren im Hinblick auf Maschinenausstattung, Prozessüberwachung und Zertifizierungen, ein austauschbares Kriterium.
Benchmark Mitarbeiter
Ein nicht kopierfähiges Unterscheidungsmerkmal für ein Unternehmen sind die Menschen, die das jeweilige Unternehmen ausmachen und das Tagesgeschäft leisten, sowohl in Technik als auch Büro. Die Menschen, die Aufträge bearbeiten und planen, die Daten managen, die Druckplatten zu den Druckmaschinen bringen, die an Sammelhefter und Klebebinder auflegen oder den LKW beladen, sind die mitentscheidenden Faktoren, wenn man Benchmarks sucht. Mit einer Belegschaft, aus der mehrheitlich eine positive Zukunftsprognose für das Unternehmen erfolgt und die der Führung gute Noten attestiert, herrscht Eigenmotivation vor (intrinsische Motivation).
Eine Mitarbeiterführung, die zu einer intrinsischen Motivation fähig ist, beeinflusst indirekt die Belastbarkeit und die Leistungsfähigkeit der Mannschaft, in positivem Sinne!
Vergleichbar mit der Crew einer großen Segelyacht auf stürmischer See. Die Regatta gewinnt der,der die leistungsfähigere Mannschaft hat und die sich bei erhöhten Anstrengungen trotzdem wohlfühlt. Was nützt die theoretisch “schnellste“ Yacht, wenn die Mannschaft nicht optimiert geführt wird?
Nicht zu vergessen und als Transmitter fungierend, der Verkauf. Die Verkaufsmitarbeiter können nur das verkaufen, was der Betrieb hergibt. Damit sind nicht die Anzahl der Druckwerke oder die Bindestationen gemeint. Der Verkauf befindet sich nun mal in Abhängigkeit des Gesamtleistungsvermögens der Mannschaften. Der Verkauf kann nur dann erfolgreich strategisch positioniert werden, wenn die Mitarbeiter im Betrieb neue Anforderungen korrekt und innovativ umsetzen können.
(Bereits in früheren Publikationen habe ich die Wechselwirkung von Innovationsfähigkeit der Belegschaft und dem Neukundengeschäft dargestellt).
Was muss ich dafür tun? Was bekomme ich dafür? Wo ist mein Nutzen?
Die Führungsstruktur und die Besetzung der Führungspositionen mit Personalverantwortung sind elementare Einflussfaktoren. Zielführend auf einem Weg zu Benchmark “Belegschaft“ sind Konstruktionen, die mit flachen Hierarchien auskommen, eine Durchlässigkeit beim Informationsfluss bieten und hierarchischen Folterfunktionen nicht zulassen. Ist dies nicht der Fall, stehen einer Förderung nach Befähigung und Stärken des Einzelnen entgegen. Ebenso gilt der gleiche Effekt hinsichtlich einer dynamischen Innovationsentwicklung bei den Mitarbeitern. Eine Führungscrew, die keine Grundangst hat, dass jemand besser wird als einer von ihnen, schafft es auch, andere zu fördern. Führungskräfte dürfen nicht mit “Informationsvorsprung“ arbeiten oder Politik betreiben.
Die individuelle Kommunikationsfähigkeit
Der Unternehmer oder Geschäftsführer muss die Führungskräfte hinsichtlich der individuellen Kommunikationsbefähigung begleiten und gibt die zugrunde liegende Philosophie (Führen mit Profil) in einer sich entwickelnden Struktur vor.
Zu guter Letzt entscheidet die Kommunikationsfähigkeit der jeweiligen Führungskraft, ob eine neue Kultur bei der Mitarbeiterführung Erfolg hat oder nicht. Kommunikationsfähigkeit bedeutet nicht, die Sprache zu beherrschen sondern unter Berücksichtigung der Befindlichkeiten der Mitarbeiter, eine individuelle Form der zwischenmenschlichen Kommunikation zu finden. Das erfordert in vielen Fällen situatives Training als Einzelcoaching oder in Gruppen mit Workshops und Fallanalysen.
Die allgemeine Arbeitsmarktentwicklung bringt mit sich, dass vermehrt junge Menschen mit geringer beruflicher Praxis (als Führungskraft), nach Studium oder Meisterschule, in Führungspositionen gelangen – was für die Branche durchaus kein Nachteil ist! Sie sind nicht trainiert mit „Ich-Botschaften“ zu kommunizieren. Sie haben nicht gelernt die Mitarbeiter begleitend zu entwickeln. Und genau diese Fähigkeiten sind nach neuzeitlichen Führungsgrundsätzen unabdingbar. Mit methodischer Kommunikation kann die Führungskraft (Betriebsleiter oder Abteilungsleiter) den Einzelnen zu mehr Identifikation, Loyalität, Leistungsbereitschaft, Qualitätsanspruch und Kundenorientierung bei der Durchführung der Aufträge bringen (nicht manipulieren – weiter entwickeln). Die Führungskraft wird zum Coach jedes Einzelnen. Diese Fokussierung auf die Sozial- und Kommunikationsstrukturen fördern das Helfen untereinander und scheinbar Unmögliches wird möglich.
Nach meiner Praxiserfahrung ergibt sich aus der anderen Art der Führung einige Vorteile: Eine Reduktion von allgemeinen Konfliktpotentialen, des Krankenstandes und mit mehr Struktur ist die Termingenauigkeit präziser – als Folge davon erreicht man eine höhere Kundenzufriedenheit und mehr Kompetenzvermutung seitens des Kunden. Eine Personalführung, die im Kern sich nach modernen Führungsgrundsätzen richtet und den Menschen innerhalb seines persönlichen Leistungsvermögens fördert, hat die Chance ein Unterscheidungsmerkmal zu bekommen, welches nicht kopierbar ist. Es ist ein soziales Gebilde was zu einer außergewöhnlichen Leistungsbereitschaft befähigt.
Fazit: Der Unternehmer hat die Vision. Daraus entstehen eine Idee und dann ein Plan. Zur Umsetzung des Plans, zu einem nicht kopierbaren Unterscheidungsmerkmal zu gelangen, benötigt er die Unterstützung der zweiten und dritten Führungsebene. Diese Führungskräfte mit zentraler Funktion “vor Ort“, sind die Multiplikatoren in die Belegschaft und gleichzeitig indirekt auch zum Kunden hin.
Erfahrungsgemäß führt eine Begleitung durch Workshops und Coachings zu positiven Ergebnissen und fördert ein zügiges Vorankommen. Die Investition für solch ein Projekt ist gemessen an dem was das Unternehmen bekommt, vertretbar und gut angelegt.
Das mit der Investition in die Mitarbeiter ist ein großes Wort gelassen ausgesprochen. Einfach mal beim Investitionsplan für’s nächste Jahr 10% umschichten von Hardware auf Mitarbeiterausbildung und -coaching. Der ROI ist garantiert besser :-).
Lieber Ralph Hadem,
danke für das Feedback. Ich kann aus eigener Praxiserfahrung einmal ein paar subjektiv gefühlte Zahlen einbringen:
Nach einem Entwicklungsprozess von etwa 18 Monaten (in Abhängigkeit der Belegschaftsstärke und der hierarchischen Ordnung) die vorhandene Belegschaft seriös gerechnet 10% – 12% mehr Durchsatz schafft – ohne wesentlich mehr Überstunden oder diese werden eliminiert. Eine Verdichtung des Leistungsdrucks auf den Einzelnen durch Vorgesetzte findet nicht statt. Dazu kommt das Einsparpotential (je nach Status quo im Unternehmen) durch Konfliktreduzierung, bessere mündliche Übergabe, treffsichere Termineinhaltung, Krankenstand und Flexibilität bei den Einsatzgebieten.
Ich weiß, dass wenn man es nicht erlebt hat, es schwer zu glauben ist. Vermeintlich straffe Organisationen und Hierarchien sind die Hürden, die Leistungslust verhindern.
Ganz wichtig: All diese Dinge stehen in Abhängigkeit der Führungskräfte und deren persönlicher Einstellung zur Führungskultur!
Das Unterscheidungsmerkmal „Mitarbeiter“ halte ich besonders für Kleinbetriebe wichtig. Hier könnte die Technik allein niemals überzeugen. Die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter sind – neben den heute selbstverständlichen Leistungen eines Medienbetriebes – direkte Multiplikatoren und sorgen nachhaltig für die Kundenzufriedenheit. Auch durch die Mitarbeiter werden persönliche Bindungen zu den Kunden direkt und indirekt aufgebaut und gepflegt. Hier kommen oft einfache Dinge wie die ehrliche Freundlichkeit und Herzlichkeit des Teams bei den Kunden gut an.
Danke Karl-Heinz Bergmann für den Beitrag.
Auch größere Betriebe sind explizit von Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter abhängig. Ich selbst konnte mit zeitgemäßem Führungsstil in einer 80 Mann-Druckerei das Alter der technischen Ausstattung (im Druck waren das 8 – 20 Jahre) zu einem nicht unerheblichen Teil kompensieren.
Karl Kraft