Schwimmen in unbekannten Gewässern, ist auch für geübte Schwimmer eine Herausforderung.
Übertragen wir das auf die Gegebenheiten der Druckindustrie, könnte man analog der Anforderungen beim Baden in fremden Gewässern assoziieren, dass “Schwimmen können“ alleine manchmal nicht ausreicht. Marktveränderungen erfordern immer auch Veränderung der eigenen Positionen und Denkmuster.
Die Druckindustrie beinhaltet trotz des großen Aderlasses in den letzten 10 Jahren, immer noch einige Tausend Druckereien mit einer Belegschaftsstärke von bis zu 50 Mitarbeitern. Einige befinden sich in Kooperationen mit Online-Druckereien, spüren teilweise aber auch eine Art Abhängigkeit. Wenn die Dezimierung der Branche nicht weitergehen soll, muss die Gruppe der unabhängigen Druckereien lernen, energieschonender und effizienter schwimmen zu können.
Sammelbegriff: Individualdruckereien
Mein Vorschlag zu einer Definition für die Gruppe der Druckereien, die nicht mit Online-Druckern vernetzt sind, ist der Sammelbegriff “Individualdruckereien“. In diesem Begriff steckt das Wort “individual“. Das Adjektiv individuell ist umgangssprachlich positiv besetzt und lässt die Botschaft zu, dass man etwas Besonderes ist und auch “nicht alltägliches“ für den Kunden umsetzen kann. Zur Gruppe der Individualdruckereien gehören mehrheitlich Unternehmen, die familiengeführt sind und viele individuelle Lösungen im Leistungspotential haben. Stammkunden wissen und schätzen das. Manchmal muss dieses Individualpotential erst geortet und gehoben werden, wie ein Schatz!
Neue Herausforderungen
Der Niedergang vieler nicht mehr existenten Individualdruckereien ist eng mit der Tatsache verbunden, dass Inhaber oder Geschäftsführer nur in den seltensten Fällen in der Vergangenheit schwierige Marktentwicklungen meistern mussten. Es ist nicht trivial aus einer defensiven Position heraus irgendwelche theoretischen Strategien zu entwickeln. Der positiven Entwicklung der Druckindustrie über mehr als 4 Jahrzehnte ist es geschuldet, dass die Wenigsten Worst-Case-Szenarien erstellen mussten. Erst mit den Ratings der Bankenwelt konnten sich kleinere Druckereien an eine andere Gangart gewöhnen. Nun weiß jeder der sich intensiv mit dem Prozedere des Ratings befasst hat, dass hiermit Dinge gefragt waren, über die man sich vorher keine Gedanken machen musste. Plötzlich wollte jemand bei Investitionen mitbestimmen. Da kam man beim nächsten DRUPA-Besuch ins Grübeln. Wo in vergangener Zeit die Entscheidung eine neue Maschine zu kaufen u. U. manchmal so “nebenbei“ (Lustentscheidung und Vertrauen auf Umsetzungswahrscheinlichkeit) getroffen wurde, waren nun Fragen nach Auslastung oder Kundenstruktur zumindest theoretisch im Kopf. Aufgrund der teilweise erdbebenartigen Entwicklung in der Branche verlor sich das ehemals vorhandene Gefühl, das mit der neuen Maschine jede Hürde zu nehmen ist.
Seit einigen Jahren ist nun mit der Neuaufteilung des Print-Marktes die wesentlich größere Herausforderung spürbar. Die Online-Drucker waren da und haben sich in rasanter Geschwindigkeit entwickelt. Anfangs noch etwas belächelt, stellte manche Druckerei fest, dass auch die Online-Druckereien “gute Qualität“ liefern. In den ersten Jahren hat sich der eine oder andere Druckereiinhaber gefragt, wie “die“ das wohl zu dem Preis machen können. Fast unbemerkt von der breiten Masse der Individualdruckereien verfolgten die Online-Druckereien eine eigene perfekte Strategie. Dieser Respekt gebührt ihnen auch. Das war blitzsaubere Arbeit, die mit Disziplin und strikter Umsetzung dieser Strategien zum Erfolg führte.
Jetzt gilt es diesen Strategien im Kontext eine andere entgegen zu setzen – also den Gegebenheiten des neuen Gewässers entsprechend angepasste Schwimmbewegungen zu machen. Dabei kommt es gar nicht darauf an, schneller oder günstiger zu drucken, sondern mittels strategischer Ausrichtung zu neuen Positionierungen zu kommen. Das Rad muss nicht neu erfunden werden und die Großen kochen auch nur mit Wasser, das ist die Devise! Das Ziel ist mittels einer Individualstrategie für die eigene Druckerei, eine neue Position am Markt zu bekommen. Diese Individualstrategie kann nur aus dem jeweiligen Unternehmen heraus, auf- und ausgebaut werden. Da helfen wissenschaftliche Publikationen weniger. Jede Druckerei tickt anders, obwohl die Kernprobleme häufig absolut gleich sind. In der Regel helfen nur selbst erarbeitete Individuallösungen.
Das 7 Phasen Konzept
Ein erfolgreicher Change Prozess zur Neupositionierung kann nur mit fundamentaler Arbeit im Betrieb selbst, umgesetzt werden. Er beinhaltet 7 Phasen für eine komplett neue Aufstellung, die einerseits aufeinander aufbauen und andererseits auch modulweise nutzbar sind.
Ähnlich wie im Verkauf gilt mit dem Start eines Change Prozesses im Inneren, je intensiver die Analysephase, desto leichter ist es Mitarbeiter gemäß ihren Stärken einzubinden und vorhandene Leistungsressourcen zu aktivieren. Das 1. Modul der Pyramide, “Atmosphärische Grundlagen“ ist der Einstieg und umfasst sondierende Gespräche mit GF, Führungskräften und Mitarbeitern, um deren Stärken und Befindlichkeiten zu erfassen.
Darauf folgt die Analysephase, in der in gemeinsamer Arbeit die Potentiale bei Mensch, Ausstattung, Knowhow u. a., heraus- und aufgearbeitet werden. Mit der passenden Kommunikations- und Begleitungskultur werden diese Potentiale weiterentwickelt und damit der neuen Strategie zu Verfügung gestellt. Die bis dahin erreichte Entwicklung Innen wird nun von einer substantiierten Außendarstellung verstärkt. Damit wird dem Kunden ein homogenes Bild geboten, welches zu Kompetenzvermutung führt. Diese Kompetenzvermutung und damit einhergehend einen Vertrauensaufbau ist die Basis für den Aufbau eines Kundenbeziehungsmanagements. In diesem Stadium ist der Aufbau eines Neukundengeschäfts erfolgreich zu gestalten.
Fazit: Nicht die Größe ist entscheidend, sondern die konsequent disziplinierte Umsetzung von Plan und Strategie.