Fachkräftemangel – Ein Plädoyer für die Ausbildung

Fehlende Fachkräfte sind kein Phänomen, sondern oft hausgemacht. Nicht nur in den Verbandspublikationen, sondern auch in den Fachzeitschriften der Branche lassen sich ständig Beiträge finden die den Facharbeitermangel zum Gesprächsthema machen. Auch in anderen Industriezweigen kann man feststellen, dass dort ebenfalls Engpässe bestehen. In der Druck- und Medienindustrie ist dieser beklagenswerte Zustand bei der Suche nach Fachkräften seit Jahren ein permanentes Thema. Laut den Konjunkturdaten des Verbandes sind etwas mehr als 92% der Druck- und Medienunternehmen Betriebe mit 1 – 49 Mitarbeitern. Gerade in diesen Druck- und Medienbetrieben sollte es möglich sein, die benötigten Facharbeiter selbst auszubilden. Da ist der “Chef“ i. d. R. im Tagesgeschäft involviert und somit vor Ort.

Die Außenwahrnehmung der Branche

Ebenso wie potentielle Kunden das Unternehmen als möglichen “Partner“ wahrnehmen, nehmen auch potentielle Mitarbeiter das suchende Unternehmen bzw. die Branche wahr. Mit Eintritt der Konsolidierungsphase in der Druckindustrie und der damit verbundenen Verbreitung von weniger guten Nachrichten verlor die Branche an Anziehungskraft für Nachwuchskräfte. Nicht zu unterschätzen ist in regionalen Bereichen die Wahrnehmung der “Ausstrahlung“ eines Arbeitgebers der Printbranche. Je geringer die Dichte verfügbarer Arbeitsplätze ist, desto zügiger verbreiten sich negative Nachrichten über ein Unternehmen, dies wiederum beeinflusst die Anzahl und die Qualität von möglichen Bewerbern.

Bertriebe auf dem “Land“

Druckereien in ländlichen Gegenden haben oft Produktionsbetriebe von größeren Konzernen im Umfeld als “Konkurrenten“ bei der Personalakquise. Da wird mehr gezahlt und meist sind die Sozialleistungen um einiges besser. Hier gestaltet sich eine Facharbeitersuche besonders schwierig, weil primär die Bezahlung u. U. ein kaum lösbares Problem aufwirft. In solchen Regionen muss das Unternehmen besondere Anziehungspunkte kreieren und diese Features nach draußen kommunizieren. Dies kann das Betriebsklima oder eine ausgesprochene Art der wertschätzenden Mitarbeiterführung sein, eben alles was einer Vertrauensbildung zuträglich ist. Hier erreicht man eine Identifikation mit dem Unternehmen nur, wenn man selbst ausbildet. Das bedeutet, der Betrieb muss kontinuierlich an einem attraktiven Erscheinungsbild in der Region arbeiten.

Sparen an der falschen Stelle

Meist ist es in ländlichen Bereichen gang und gäbe, dass Mitarbeiter über lange Jahre dem Unternehmen treu sind. Zugehörigkeiten von 20 bis 30 Jahren sind keine Seltenheit, wenn der Unternehmer sich damit auf der sicheren Seite wägt liegt er falsch. Gerade Belegschaften mit hohem Durchschnitt bei Alter und Betriebszugehörigkeit bergen die Gefahr, bei nicht rechtzeitiger Beachtung, in einen Facharbeitermangel zu gelangen. Aus Kostengründen keine Ausbildung vorzunehmen ist “Sparen an der falschen Stelle“.

Wenn Ausbildung unkoordiniert erfolgt

Nicht zielführend ist, Auszubildende einzustellen und dann den Fachkräften im Betrieb das Feld zu überlassen. Ausbildung ist in Korrelation mit dem Fachkräftenachwuchs eine Führungsaufgabe und als solche auch wahrzunehmen. Gerade bei jungen Menschen bietet sich die Chance Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten und dem Verhalten zu nehmen, da darf es nicht alleine um das “Beibringen“ von Drucken oder Binden gehen. Es geht um mehr! Auszubildende müssen begleitet und ihren persönlichen Fähigkeiten entsprechend gefördert werden. Deswegen ist eine Art individueller Coaching-Plan des/der Verantwortlichen durchaus sinnvoll. Sinnvoll ist es, mit variablen Zwischenzielen zu arbeiten und sich täglich Zeit zu nehmen. Erst das “kümmern“ um den Menschen bietet die Chance am Ende der Ausbildungszeit einen Mitarbeiter mit guter Identifikation und somit Bindung zum Unternehmen zu bekommen. Dazu sind sicherlich ein paar Kenntnisse aus der Erwachsenenpädagogik zielführend.

Die Lösung: Eine Ausbildungsinitiative

Ein Druck- und Medienbetrieb kann aus aktueller Sicht kaum aus einem großen Reservoir an Fachkräften schöpfen. Berufe die in der Druckindustrie erlernbar sind, haben aktuell keinen Attraktivitätsbonus. Das führt dazu, dass sich junge Menschen bewerben die “scheinbar“ eine geringe Eignung aufweisen. In vielen Fällen wird unvollkommen bewertet. Die ersten beiden Ausbildungsjahre sind dazu da um eine Befähigung für den zu erlernenden Beruf zu stärken. Mitunter muss man diese Befähigung erst wecken und aufbauen. Junge Menschen kommen zunehmend “unfertiger“ in das Berufsleben und genau das muss bei der Bewertung der persönlichen Fähigkeiten bei Bewerbern in die Abschlussbewertung einfließen. Der Betrieb sollte sich immer vor Augen halten, dass die Pubertätsphase gegenüber vor 20 oder 30 Jahren später einsetzt und teilweise auch länger anhält. Unter Berücksichtigung der Altersstruktur innerhalb der Facharbeitergruppe und unter Umständen eines Standortnachteils ist eine Ausbildungsinitiative (mit einem Plan) ratsam und lösungsorientiert. Man kann z. B. über einen Zeitraum von 5 Jahren (in Abhängigkeit der Betriebsgröße), jährlich zwei bis drei Auszubildende einstellen und bereits nach dem zweiten Jahr kann man eventuelle “Perlen“ entdecken. Die werden dann besonders gefördert. Vorausgesetzt, der Chef bzw. der Verantwortliche für die Ausbildung, begleitet diese Auszubildenden bei der persönlichen Entwicklung und schafft damit den Raum für intrinsische Motivation. So wird das Thema Fachkräftemangel obsolet.

Fazit: Fachkräftemangel in kleineren Unternehmen ist i. d. R. nur aus eigener Kraft nachhaltig lösbar. Die Druckindustrie bietet nach wie vor interessante Berufsbilder. Junge Menschen bieten für eine Druckerei viele Chancen. Man muss sie fördern durch fordern aber nicht überfordern. Parallel zum offiziellen Ausbildungsplan sollte immer ein individueller auf die Förderung der Persönlichkeit ausgerichteter Plan erstellt und kontinuierlich überprüft werden. Es macht Spaß, wenn man sehen kann, wie sich vermeintlich “ungeeignete“ junge Menschen zu belastbaren Facharbeitern entwickeln.

Hilf dir selbst, dann ist dir geholfen! – (Mitarbeiter (m/w) gesucht)

Mit Interesse habe ich in der aktuellen Zeitschrift “Kompass“ des Verbandes Druck + Medien Bayern, den Beitrag “Mitarbeiter (m/w) gesucht“, gelesen. Mit Interesse deshalb, weil ich dieses Thema seit Jahren in der Druckindustrie ungenügend behandelt sehe. Insbesondere, wenn das Thema Fachkräfteentwicklung im Kontext der Entwicklung der Druckindustrie, hinsichtlich der gefühlten Attraktivität dieses Industriezweiges, betrachtet wird. Nicht zu vergessen, die durchschnittliche Unternehmensgröße in der Druckindustrie macht es nicht trivialer.

Wenn wir die Entwicklung der Druckindustrie resümieren, ist das Thema “nachwachsende“ Fachkräfte, latent präsent. Es gab in der Vergangenheit aus subjektiver Sicht lediglich eine überschaubare Anzahl an Publikationen, aus denen hervor ging, wie dieser Engpass definitiv zu beseitigen wäre.

Unterstützung von der politischen Seite

Wenn sich Druckereiunternehmer aktuell darauf verlassen, dass es diesbezüglich eine politische Unterstützung gibt, sind sie verlassen. Hinsichtlich der Durchschnittsgröße der Druckereien, darf man getrost davon ausgehen (das ist für mich auch nachvollziehbar), dass eine politische Unterstützung i. d. R. nicht da ankommt, wo es flächendeckend benötigt wird und alleine mehr Bewerber bereitstellen, löst das Problem nicht.  Meine persönliche Meinung, folge dem alten Spruch: Hilf dir selbst, dann ist dir geholfen!

Diese “Metapher“ setze ich sprachlich in meinen Kernsatz um, der da heißt: Die Kraft sollte von innen heraus entwickelt werden. Das ist die nachhaltigste Art für fast alle Aufgabenstellungen einer Unternehmensführung. Benötigter Fachkräftenachwuchs muss aus der eigenen Handlungsweise heraus gestaltet werden.

Wie in vielen publizierten Beiträgen in der Fach- und Tagespresse thematisiert, reicht es m. E. nicht, das Image zu stärken, respektive zu verbessern. Diese Aktivitäten führen in der Regel dazu, dass einseitig nach außen etwas publiziert wird, was intern gar nicht gelebt wird.

Es genügt dann u. U. eine veröffentlichte negative Meinung in z. B. sozialen Netzwerken durch einzelne Mitarbeiter und der Betrieb ist auf Jahre hinaus gebrandmarkt. Manche Unternehmer haben nur eine bruchstückhafte Vorstellung davon, wie über ihre Druckerei gesprochen wird, bzw. wie anziehend das Unternehmen für gute Fachkräfte wirkt.

Letztendlich befindet sich eine Druckerei immer in einer Vergleichbarkeitsspirale. Ebenso wie Kunden einen Druckdienstleister bewerten, tun dies die Mitarbeiter auch. Dass sollte bewusst sein!

Fragen Sie doch mal Ihre Mitarbeiter, wie diese die Zukunftsperspektiven Ihrer Druckerei bewerten.

Ein Lösungsansatz

Machen Sie Ihr Unternehmen mittels einer adäquaten Gestaltung des “Innenlebens“ Ihrer Druckerei zu einer Marke. Die Markenbildung erfolgt durch eine Spezialisierung für eine definierte Zielgruppe und der Innovationskraft der Mitarbeiter. Das Unternehmen ist als ein lebender Organismus zu sehen und als solcher auch zu gestalten.                                                                                                                                                                                                                                                  Exakter als der häufig verwendete Begriff “Image verbessern“ ist für mich die Begrifflichkeit, “eine Marke gestalten“. Mit dem Begriff “Marke“ verbindet sich explizit die Verpflichtung auch im Betrieb Analysen vorzunehmen und die innerbetrieblichen Gegebenheiten, den äußeren homogen anzupassen. Als Beispiele für innerbetriebliche Aktivitäten: Altersstruktur, Kommunikationskultur, Leistungsfähigkeit, Identifikationsgrad, Innovationsfähigkeit, persönliche Qualifikation der Führungskräfte, Führungsstile u. a. m.. Eine erfolgreiche Umgestaltung zu einer “Marke“, ist kein leichter Weg.

Der Aufwand lohnt sich allerdings immer, birgt er doch jede Menge Entwicklungspotentiale, sowohl beim Unternehmer, den Führungskräften als auch den Mitarbeitern.

Es gilt, den Betrieb attraktiv zu machen. Attraktivität kommt aber nicht von alleine, da muss man etwas tun. Zumal in der Druckindustrie, zumindest produktbezogen, eine große Vergleichbarkeitspalette vorliegt.

Die Entwicklung einer “Druckerei“ zu einer Marke ist eine prozessuale Geschichte und beginnt, wie vieles andere auch, im Kopf des Unternehmers.

Er muss es “denken können“. Vor dem Start-up braucht man einen Plan. Der Plan dient als Geländer für den Umstrukturierungsprozess. Das Ziel muss vom Unternehmer klar zu definieren sein.

Die Start-up-Phase beginnt mit einer Analyse der Umgangskultur (Kommunikationskultur, Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit in den Aussagen) sowie einer Potentialanalyse bei den Mitarbeitern. Die Potentialanalysen im Kontext der Ziele des Unternehmers bezugnehmend auf eine Markenbildung, zeigen dann die Aufgabenstellungen auf.                                                                               Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich hier vertreten, dass der einmal begonnene Weg, wenn man diszipliniert bei der Sache bleibt, sich zunehmend eigendynamisch entwickelt. Da solche innerbetrieblichen Prozesse i. d. R. zu mehr Eigenverantwortung und mehr persönlichen Spielraum bei den Menschen im Unternehmen führen, bleiben eine höhere Identifikation und mehr Loyalität zum Unternehmen nicht aus. Beides führt dann zu einer positiveren Zukunftsprognose bei den Beschäftigten. Dass alleine ist entscheidend, ob Sie gute oder weniger gute Bewerber bekommen. Als Marke in der Branche sind Sie auf jeden Fall attraktiver, als eine “Druckerei“ unter vielen. Eine manchmal vernachlässigte Komponente hinsichtlich der Attraktivität eines Unternehmens ist der Führungsstil, entweder durch den Unternehmer selbst oder der Führungskraft.

Führungskräfte sollten sinnvollerweise mit Weiterbildungsmaßnahmen begleitet werden, die die Persönlichkeitsstruktur stärken und  zu einer zeitgemäßen Führungskultur befähigen. Vielen Studien kann man entnehmen, dass in der Führungsqualität in einem Unternehmen, ein hohes Potential für eine positive Wahrnehmung bei Interessenten (Bewerbern) steckt.

Meine Erfahrung ist, dass in vielen Fällen bei den Bewerbern für einen Ausbildungsplatz, der Betrieb bereits vor dem Bewerbungsschreiben, bewertet wird – also zu einem Zeitpunkt, bei dem es für den Unternehmer noch keine Einflussmöglichkeit gibt. Fällt man durch, kommen i. d. R. die Bewerber, die andere Druckereien nicht haben wollten.

Fazit: Schafft man es, eine emotionale Bindung mittels moderner Führungsstrukturen zu den Mitarbeitern herzustellen, bekommt das Unternehmen auch gute Noten und dass ist der Anziehungsfaktor für benötigtes Personal mit der entsprechenden Qualifikation. Gerade die Druckindustrie bietet m. E. für junge Menschen sehr interessante und auf Zukunft ausgerichtete Ausbildungsangebote. Es liegt an der Außenwahrnehmung einer Druckerei, ob sie für interessierte Menschen attraktiv ist oder nicht.