Verkaufsprovision – motivierend oder konterkarierend?

Häufig eingesetzt und jüngst im Deutschen Drucker wieder publiziert, ist die Verkaufsprovision als Motivator im Einsatz. Landläufig und ohne auf die Hintergründe von Motivationsfaktoren einzugehen, verbinden Unternehmer mit einem “leistungsbezogenen Gehaltsbestandsteil“ mehr Umsatz und damit mehr Ertrag. Das resultiert aus mehreren Faktoren, die es zunächst zu beleuchten gilt.

Ich möchte ausdrücklich bemerken, dass es mir nicht um Betriebe geht, die größere Vertriebsmannschaften haben. Dort gehen die Uhren sicher anders. Es geht mir um die Druckereien, die sich im Segment bis 150 Beschäftigte bewegen.

„Verkaufen, kann ich das?“

Fast jeder Mensch hat die Fähigkeit zu einem positiven Außenauftritt. Insbesondere Inhaber haben ein Herz für ihr Unternehmen, mit das Wichtigste, was jemand im Außenauftritt und damit beim Verkauf seiner Dienstleistungen benötigt. Ich nenne es bewusst “Außenauftritt“, weil es schon lange nicht mehr darum geht, Drucksachen zu verkaufen. Insbesondere der Unternehmer selbst hat fundiert im Kopf, welche Kostenstellen die höchsten Stundensätze haben und welches Produkt die größte Wertschöpfungstiefe bringt. Daraus ziehe ich den Schluss, dass ein Inhaber mit authentischem Auftreten das Leistungsportfolio seines Unternehmens per se gut verkaufen kann. Auf jeden Fall erfolgreicher als ein Produktverkäufer.

Lege ich diese Annahme als zutreffend zugrunde, bedarf es zum “Verkaufen“ der vollumfänglichen Dienstleistungen ausschließlich einer gut fundierten Identifikation, die einhergeht mit Authentizität und einer hohen Bereitschaft zur Lösungsorientiertheit.

Es geht darum, mit einer ganzheitlichen Außenwirkung die kontinuierliche Performance des Unternehmens zu gestalten. Da wirkt u. U. ein provisionsgesteuerter Außendienstmitarbeiter, der sich lediglich auf das “so schöne“ Zusatzeinkommen fokussiert und die Produkte als Lösung im Kopf hat, konterkarierend.

Nicht die persönlichen Eigenschaften eines Provisionsverkäufers sind entscheidend, sondern ein zu lebendes System des ganzen Betriebes. Ein guter Verkäufer kann mit nachhaltiger Wirkung in Form von kontinuierlicher Auslastung nur das verkaufen, was die Druckerei insgesamt ausmacht.

Notwendige Basiseigenschaften

Auf die unverzichtbaren Basiseigenschaften möchte ich hier, um Missverständnisse zu vermeiden, gerne eingehen. Natürlich braucht ein Vertriebsmitarbeiter im Außendienst die Fähigkeiten zur Kommunikation, Analyse und eine Ausprägung in seiner empathischen Grundstruktur. Disziplin und Durchhaltevermögen sind begleitende Faktoren.

Provision als Einschränkung von Entwicklung

Es liegt in der Natur der Sache, dass zwischen demjenigen, der eine Provision bekommt und dem Rest des Betriebes sich schleichend unterschiedliche Interessenslagen bilden. Insbesondere dann, wenn keine ausreichend sinnvolle Kommunikation vorhanden oder gar kaum mehr möglich ist. So etwas kann zustande kommen, wenn z. B. die Fehlerquote zu hoch ist oder es keine geregelten Terminabsprachen gibt und der Außendienst diese Ergebnisse immer wieder erklären muss. Daraus entstehen dann Missverständnisse und Konfliktpotentiale. Partikularinteressen treten in den Vordergrund und mediationsfreie Kommunikation ist fast nicht mehr möglich. Stagnation verbreitet sich, der Widerstand gegen den Verkauf wächst und der Schaden für das Unternehmen ebenfalls.

Provision als Motivationsfaktor?

Für welchen Zweck ist die Provision in den meisten Fällen gedacht? Sie soll ein Motivationsfaktor zur Umsatzsteigerung sein oder als Lenkungsinstrument von “nur unvollkommen aktiven Verkäufern“. Verkauft wird es als Zusatzeinkommen. Ein erwachsener Mensch, der eine gute Bindung zu dem Unternehmen hat, lässt sich bei seinen Aktivitäten nur peripher beeindrucken. Entweder er verkauft mit Herz und damit gerne oder er mogelt sich so durch. Unter Berücksichtigung der menschlichen Denk- und Gefühlsstruktur einerseits und der allgemeinen Wertestruktur, kann so etwas m. E. kaum mehr flächendeckend funktionieren.

Ohne Provision geht es auch – Überlegungen dazu

Grundgedanke und die Basis eines provisionsfreien Wirkens ist ein partnerschaftlich  agierendes Verkaufsteam. Die Betonung liegt auf “Team“. Der Unternehmer ist in der Verpflichtung ein tragfähiges Fundament für eine Teamarbeit zu schaffen und dem Team einen entsprechenden Entscheidungsspielraum zur Verfügung zu stellen. Der Raum funktioniert bestens, wenn von den Mitgliedern des Teams ein „ Team-Ziel“ akzeptiert und gelebt wird. Das bedeutet, dass die Betrachtung und Bewertung des Einzelnen in den Hintergrund  rückt. Es zählt der Teamerfolg! Es liegt bei dieser Sichtweise in der Verantwortung der einzelnen Person, wie viel sie zum Teamergebnis beiträgt. Dieses Modell ist auf intrinsischer Motivation aufgebaut. Regelmäßiger Austausch mit zielgerichteter Moderation (Workshops) schafft Transparenz und Klarheit. Jedes Teammitglied weiß wo es steht und wie sein Beitrag zum Teamerfolg sein sollte.

AD-Mitarbeiter kennen sich aus und setzen ihre Stärken ein

Jeder erwachsene Verkaufsmitarbeiter kennt seine Zahlen, ob mit oder ohne Provision. Jemandem seine schlechte Zahl zu nennen oder auf Papier auszudrucken, bringt keinerlei Ansporn. Das Gegenteil ist wahrscheinlicher. Es entstehen Spannungsfelder und bietet den evtl. weniger empathischen Kollegen sogar noch eine Plattform für Häme und Mobbing. Quartals-, Halbjahres- oder Jahresplanungen bekommen mit einer provisionsfreien Regelung mehr Zielgenauigkeit.

Ein teamorientiertes Vorgehen birgt den Vorteil, dass ein Team-Ziel generiert wird. Die Menschen können nach einer gemeinsamen Erarbeitung des Umsatzzieles hinter dieser Team-Entscheidung stehen. Diese Vorgehensweise beinhaltet dann bereits Motivationsfaktoren und zwar im intrinsischen Bereich. Vorgegebene Ziele führen eher zu einer Spaltung, weil die schwächeren Kollegen noch schwächer werden und die guten Verkäufer werden u. U. diese Schwäche nicht kompensieren, wahrscheinlich eher argumentativ für sich nutzen.

Vorgaben in kleinere Verkaufsteams sind kontraproduktiv. Auch deshalb, weil in den meisten Fällen den betroffenen Personen nicht oder kaum ausreichend gesagt wird, wie sie das Ziel erreichen könnten.

Natürlich ist es Aufgabe des Geschäftsführers oder des Verkaufsleiters, das Team entsprechend den Anforderungen zusammenzusetzen und zu moderieren. Dazu gehören auch Trennungen und Neubesetzungen. Erst wenn eine Homogenität geschaffen ist, kann ein Team als Team funktionieren -selbst bei unterschiedlichem Gehalt.

Fazit: Mit Fixum und Provision zu arbeiten ist ein Modell aus der Zeit, in der Produktverkauf im Vordergrund stand. Heute wissen wir dass das Ergebnis eines Teams immer höher ist, als die addierte Summe der Einzelleistungen. Wir benötigen insbesondere in der Druckindustrie mit viel Empathie ausgestattete Lösungs-Verkäufer, die idealerweise auch noch ein Nutzennetz für Kunden spannen können. Welche mit partnerschaftlichen Teamkommunikation, die besten Lösungen für den Kunden erarbeiten.

Sicher gibt es Situationen, in denen eine Provisionsregelung durchaus Sinn macht. Oft sind es personenbezogene Gründe oder gewachsene Unternehmensstrukturen. Neueinstellungen würde ich immer für einen Wechsel nutzen. Die Zukunft wird provisionsfrei werden.

Unterscheidungsmerkmale eines Druckereiunternehmens

Unterscheidungsmerkmale sind ein zentrales Kriterium im Wettbewerb. Insbesondere in der Druckindustrie hat sich in den letzten Jahren des Umbruchs gezeigt, dass Maschinenbesitz kaum als Unterscheidungsmerkmal taugt. Im ungünstigsten Fall schafft sich der direkte Wettbewerber eine noch schnellere Maschine an oder ändert seine Stundensatzberechnung.

 Der Standort ist mittlerweile aufgrund der Infrastruktur und der Auswahl an Speditionen, in den überwiegenden Fällen kein echtes Unterscheidungsmerkmal mehr. Leistungsfähigkeit in Quantität und Qualität sind seit etlichen Jahren im Hinblick auf Maschinenausstattung, Prozessüberwachung und Zertifizierungen, ein austauschbares Kriterium.

Benchmark Mitarbeiter

Ein nicht kopierfähiges Unterscheidungsmerkmal für ein Unternehmen sind die Menschen, die das jeweilige Unternehmen ausmachen und das Tagesgeschäft leisten, sowohl in Technik als auch Büro.  Die Menschen, die Aufträge bearbeiten und planen, die Daten managen, die Druckplatten zu den Druckmaschinen bringen, die an Sammelhefter und Klebebinder auflegen oder den LKW beladen, sind die mitentscheidenden Faktoren, wenn man Benchmarks sucht. Mit einer Belegschaft, aus der mehrheitlich eine positive Zukunftsprognose für das Unternehmen erfolgt und die der Führung gute Noten attestiert, herrscht Eigenmotivation vor (intrinsische Motivation).

Eine Mitarbeiterführung, die zu einer intrinsischen Motivation fähig ist, beeinflusst indirekt die Belastbarkeit und die Leistungsfähigkeit der Mannschaft, in positivem Sinne!

Vergleichbar mit der Crew einer großen Segelyacht auf stürmischer See. Die Regatta gewinnt der,der die leistungsfähigere Mannschaft hat und die sich bei erhöhten Anstrengungen trotzdem wohlfühlt. Was nützt die theoretisch “schnellste“ Yacht, wenn die Mannschaft nicht optimiert geführt wird?

Nicht zu vergessen und als Transmitter fungierend, der Verkauf. Die Verkaufsmitarbeiter können nur das verkaufen, was der Betrieb hergibt. Damit sind nicht die Anzahl der Druckwerke oder die Bindestationen gemeint. Der Verkauf befindet sich nun mal in Abhängigkeit des Gesamtleistungsvermögens der Mannschaften. Der Verkauf kann nur dann erfolgreich strategisch positioniert werden, wenn die Mitarbeiter im Betrieb neue Anforderungen korrekt und innovativ umsetzen können.

(Bereits in früheren Publikationen habe ich die Wechselwirkung von Innovationsfähigkeit der Belegschaft und dem Neukundengeschäft dargestellt).

 Was muss ich dafür tun? Was bekomme ich dafür? Wo ist mein Nutzen?

Die Führungsstruktur und die Besetzung der Führungspositionen mit Personalverantwortung sind elementare Einflussfaktoren. Zielführend auf einem Weg zu Benchmark “Belegschaft“ sind Konstruktionen, die mit flachen Hierarchien auskommen, eine Durchlässigkeit beim Informationsfluss bieten und hierarchischen Folterfunktionen nicht zulassen. Ist dies nicht der Fall, stehen einer Förderung nach Befähigung und Stärken des Einzelnen entgegen. Ebenso gilt der gleiche Effekt hinsichtlich einer dynamischen Innovationsentwicklung bei den Mitarbeitern. Eine Führungscrew, die keine Grundangst hat, dass jemand besser wird als einer von ihnen, schafft es auch, andere zu fördern. Führungskräfte dürfen nicht mit “Informationsvorsprung“ arbeiten oder Politik betreiben.

Die individuelle Kommunikationsfähigkeit

Der Unternehmer oder Geschäftsführer muss die Führungskräfte hinsichtlich der individuellen Kommunikationsbefähigung begleiten und gibt die zugrunde liegende Philosophie (Führen mit Profil) in einer sich entwickelnden Struktur vor.

Zu guter Letzt entscheidet die Kommunikationsfähigkeit der jeweiligen Führungskraft, ob eine neue Kultur bei der Mitarbeiterführung Erfolg hat oder nicht. Kommunikationsfähigkeit bedeutet nicht, die Sprache zu beherrschen sondern unter Berücksichtigung der Befindlichkeiten der Mitarbeiter, eine individuelle Form der zwischenmenschlichen Kommunikation zu finden. Das erfordert in vielen Fällen situatives Training als Einzelcoaching oder in Gruppen mit Workshops und Fallanalysen.

Die allgemeine Arbeitsmarktentwicklung bringt mit sich, dass vermehrt junge Menschen mit geringer beruflicher Praxis (als Führungskraft), nach Studium oder Meisterschule, in Führungspositionen gelangen – was für die Branche durchaus kein Nachteil ist! Sie sind nicht trainiert mit „Ich-Botschaften“ zu kommunizieren. Sie haben nicht gelernt die Mitarbeiter begleitend zu entwickeln. Und genau diese Fähigkeiten sind nach neuzeitlichen Führungsgrundsätzen unabdingbar. Mit methodischer Kommunikation kann die Führungskraft (Betriebsleiter oder Abteilungsleiter) den Einzelnen zu mehr Identifikation, Loyalität, Leistungsbereitschaft, Qualitätsanspruch und Kundenorientierung bei der Durchführung der Aufträge bringen (nicht manipulieren – weiter entwickeln). Die Führungskraft wird zum Coach jedes Einzelnen. Diese Fokussierung auf die Sozial- und Kommunikationsstrukturen fördern das Helfen untereinander und scheinbar Unmögliches wird möglich.

Nach meiner Praxiserfahrung ergibt sich aus der anderen Art der Führung einige Vorteile: Eine Reduktion von allgemeinen Konfliktpotentialen, des Krankenstandes und mit mehr Struktur ist die Termingenauigkeit präziser – als Folge davon erreicht man eine höhere Kundenzufriedenheit und mehr Kompetenzvermutung seitens des Kunden. Eine Personalführung, die im Kern sich nach modernen Führungsgrundsätzen richtet und den Menschen innerhalb seines persönlichen Leistungsvermögens fördert, hat die Chance ein Unterscheidungsmerkmal zu bekommen, welches nicht kopierbar ist. Es ist ein soziales Gebilde was zu einer außergewöhnlichen Leistungsbereitschaft befähigt.

Fazit: Der Unternehmer hat die Vision. Daraus entstehen eine Idee und dann ein Plan. Zur Umsetzung des Plans, zu einem nicht kopierbaren Unterscheidungsmerkmal zu gelangen, benötigt er die Unterstützung der zweiten und dritten Führungsebene. Diese Führungskräfte mit zentraler Funktion “vor Ort“, sind die Multiplikatoren in die Belegschaft und gleichzeitig indirekt auch zum Kunden hin.

Erfahrungsgemäß führt eine Begleitung durch Workshops und Coachings zu positiven Ergebnissen und fördert ein zügiges Vorankommen. Die Investition für solch ein Projekt ist gemessen an dem was das Unternehmen bekommt, vertretbar und gut angelegt.