So gänzlich verkehrt war die Weisheit unserer Großmütter und Großväter mit dem Satz “Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“, nicht. Dieser Grundsatz ist auf den Vertrieb und eine Neukundengewinnung übertragbar. Was verbindet sich bei diesem Vergleich? Nun, eine Vertriebsarbeit aus der Defensive heraus aufzubauen, geht meist schief, bzw. erfolgt hektisch und weniger strategisch, also reagierend.
Oft falsch interpretiert
„Wir müssen mehr Verkauf machen“, ein oft gehörter Satz, der genaugenommen keinerlei Inhalte hat. Schlimmer noch, wenn das die Ansage an die Verkaufstruppe ist. Im Kopf formuliert und dann ausgesprochen, folgt i. d. R. betretenes Schweigen. Das ist eine natürliche Reaktion auf Aussagen ohne Inhalt und passiert, weil die Anleitung zum “mehr verkaufen“, schlichtweg fehlt. Was das bedeutet und nach welcher Methode mehr verkauft werden kann, bleibt meist das Geheimnis dessen, der die Aussage gemacht hat.
Also wird häufig das Nächstliegende aufgenommen und die Frequenz der Außendienstbesuche erhöht. Mitunter werden beim Vorhandensein von Verkaufsmannschaften u. U. noch Provisionserhöhungen oder Boni ausgelobt. Was oft vergessen wird: Der Betrieb hat ja mit dem Start des verstärkten Verkaufens nicht´s anderes zu bieten als vorher. Warum sollen dann mehr Kunden kommen? Zumal es ja Neukunden sein sollen, die meist bisher bestens bedient waren.
Fakt ist, dass eine Steigerung der Außendienstfrequenz keine nachhaltigen Ergebnisse im Neukundengeschäft bringen.
Kein Außendienst?
In der Druck- und Medienindustrie, geprägt von Klein- und mittleren Unternehmen, ist es durchaus an der Tagesordnung, dass wenig bis gar keine Kundenbesuche stattfinden. Der Markt veränderte sich allerdings, insbesondere für kleinere Druckereien, schon seit Jahren eklatant. Der Druck hat zugenommen und die eigene Existenz gerät u. U. in Gefahr. Wie soll solch ein Betrieb plötzlich etwas vollbringen, was er vorher noch nie gemacht hat. Mitunter ist es die zweite oder dritte Generation, die plötzlich vor dem Problem steht, Kunden zu finden und zu gewinnen. Das ist dann wie im Wettkampf, wer nicht trainiert hat, läuft hinterher.
Hinzu kommt, dass die Vertriebsmethodik sich in den letzten Jahren massiv verändert hat. Heute weiß man mehr darüber, was man tun muss um potentielle Kunden erst einmal zu erreichen. Man weiß auch, dass die Basis einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit einem Kundenbeziehungsmanagement geschaffen wird. Dieser Aufbau kostet Zeit, Geld und jede Menge Disziplin.
In guten Zeiten muss ein Vertrieb aufgebaut werden
Ein Vertrieb kann ohne Betrieb gut leben, ein Betrieb ohne Vertrieb aber nicht. Ist die Marktposition am Wegbrechen, erfolgt ein Neuaufbau von Kundenbeziehungen aus der Defensive heraus und das bedeutet wesentlich mehr Einsatz an Geld und Humanressourcen. Besser ist es in ruhigen Zeiten strukturiert und methodisch einen Verkauf aufzubauen. Das ist ein Fulltime-Job und kann nicht nebenbei erfolgen. Es erfordert Marktanalysen mit Zielgruppenfindung, eine emotionsfreie Bewertung der eigenen Gegebenheiten (Ausstattung, Leistungsfähigkeit und Innovationsvermögen), Gestaltung der Außenwahrnehmung u. v. m..
Ohne Strategie ist alles nicht´s!
Jede Druckerei benötigt eine permanente Neukundenakquise. Der Umsatzanteil sollte bei 8% – 10% p. a. liegen. Wichtig und richtig deswegen, weil es immer Schwankungen im Bestandskundensegment gibt und andererseits der Umsatz aufgrund der Kostensteigerungen und der Ersatzinvestitionen, kontinuierlich steigen sollte. Um solch einen Zustand zu generieren, bedarf es einer Strategie.
Die passende Strategie kann nur in einem Brainstorming-Prozess erarbeitet werden. Eine Strategie beginnt immer im Kopf des Unternehmers. Er muss diese vertreten und der Unternehmer muss die Disziplin zur Einhaltung des Plans aufbringen. Einen Vertrieb ohne Strategie aufbauen ist gleichzusetzen mit einem Stochern im Nebel der pure Zufall ist dann der Begleiter.
Sinnvoll ist immer die Erarbeitung eines Mehrjahresplans (5 oder 10 Jahre) in welchem flexible Ziele definiert sind. Mehrjahrespläne sind immer mit strukturellen Veränderungen und Umsatzzielen verbunden. Mehrjahrespläne sollten so gestaltet sein, dass es mit Bordmitteln umsetzbar ist. Wunschträume sind da fehl am Platze.
Der Aufbau einer nachhaltigen Vertriebsaktivität
Die meisten Betriebe in der Druckindustrie hatten bis vor ein paar Jahren das Glück, dass die Kunden mehr oder weniger “automatisch“ gekommen sind. Diese Entwicklung über einen längeren Zeitraum schläferte sukzessive immer mehr ein und das Zugehen auf Neukunden wurde verlernt. Man wird träge und hinsichtlich einer Auftragsakquise immer unbeweglicher. Dies ist ein schleichender Prozess der gleichzeitig eine latente Zufriedenheit vorgaukelt. Ein weiteres “geflügeltes Wort“ heißt: „Der kluge Mann baut vor“ (Friedrich Schiller/Tell).
Fazit: Der Aufbau eines strategischen Marketings und damit einer kontinuierlichen Auslastung der Druckerei, kann nur mit einem guten und planbaren Vertrieb erreicht werden. Ohne Plan kann ein Vertriebsaufbau nicht erfolgen. Einfach nur rausgehen und womöglich noch Produktverkauf machen, bringt keinerlei Nachhaltigkeit. Ebenso wenig ist eine kurzfristige Erhöhung der Schlagzahl durch mehr Kundenbesuche ein Erfolgsgarant, vielmehr ist das ein nicht sinnvoller Verbrauch der Ressourcen.
Nicht von ungefähr sind die Begriffe Marketing und Vertrieb eng miteinander verbunden. Ein strukturiertes Vorgehen einerseits und ein auf das Ziel ausgerichtetes Marketing erlauben einen dynamischen Zugang zu der jeweiligen Zielgruppe. Die Struktur entscheidet über Nachhaltigkeit als Dienstleister einer Zielgruppe.
Bei dem Begriff Marketing muss man nicht immer an Global-Player denken, sondern die Methode herunterbrechen auf die kleine Druckerei. Das Gehirn von Kunden tickt bei allen Menschen nach dem gleichen Muster. Wer kaufen soll, muss animiert werden!