Reklamationsbearbeitung in Druckereien – Chancenverwertung

Fast in jedem Produktionsbetrieb herrscht die Ansicht, dass man selbst genauso gut, wenn nicht sogar besser ist, als der Wettbewerber. Man könnte es auch ein gesundes Selbstvertrauen nennen.Sobald auf dieses Selbstvertrauen eine Reklamationsforderung seitens eines Kunden trifft, leben Reflexe auf, die einer zielführenden Lösung entgegenstehen. Ist es dann auch noch ein Kunde, der immer “meckert“, werden die Schotten dichtgemacht. Die Sensibilität für ein ausgewogenes Ergebnis ist u. U. so weit weg, als wäre sie niemals vorhanden gewesen.

Reklamationsbearbeitungen sind in Druckereien nicht gerade das, was man sich wünscht. Wird es doch in vielen Fällen als unangenehm empfunden, auch weil mitunter die Rationalität und damit eine zielführende Sachlichkeit auf der Strecke bleiben. Reklamationen werden von nicht wenigen Menschen, meist unbewusst, als ein “Angriff“ eingestuft. Man wird herausgefordert. Schließlich hat aus Sicht des Reklamierenden und in vielen Fällen tatsächlich, in dem Durchführungsunternehmen irgendetwas nicht einwandfrei funktioniert. Da gibt es einige gefühlte Kategorien in die der Kunde im Beanstandungsfall, Fehleistungen einordnen kann. Es sind dies z. B. Mangelnde Professionalität, unzureichende Aufmerksamkeit, Zweifel an der fachlichen Kompetenz, Kommunikationsdefizite u.a.m..

Dann gibt es ja noch den Empfänger der Reklamation, der ein vom Kunden ausgesprochener Mangel in vielen Fällen, blitzschnell emotional in “berechtigt“ oder “unberechtigt“ einordnet. Diese geistige Handlung steht aber meist in Korrelation der aktuellen physischen und psychischen Verfassung. Beeinflusst wird das (neben der persönlichen Konstitution) von den aktuellen Erlebnissen im Tagesgeschehen einer Druckerei, wie Fehlerquote, Verhalten einzelner Mitarbeiter, Erfolgsdruck, Ablaufstörungen, Maschinenausfall usw.. Häufig kommt zu dem Chaos der momentanen Gedanken im Kopf des Empfängers auch noch die Denkbeeinträchtigung, dass wieder der Herr X oder Herr Y einen Fehler begangen haben. Also man beschäftigt sich parallel zur Reklamationsaufnahme bereits mit dem Ende der Entscheidungskette. Betrachte man all diese Einflussfaktoren, hat eine konstruktive Bearbeitung der Reklamation kaum eine Chance, daraus auch noch einen Vorteil zu erzielen. Hinzu kommt, dass je nach situativem Verärgerungsgrad die Reklamation seitens des Kunden u. U. unsachlich und mit “unsachgemäßen“ Unterstellungen (Wahrnehmung des Empfängers), erfolgt.

Reklamationen konstruktiv bearbeiten – es beginnt im Kopf

Eine konstruktive Reklamationsbearbeitung will gelernt sein und muss kontinuierlich trainiert werden.                                                                                                            Was ist damit gemeint? Es ist durchaus natürlich und menschlich normal, dass wenn jemand mit dem Ergebnis einer bestellten und gelieferten Ware nicht zufrieden ist, sich darüber ärgert. Der eine mehr, der andere weniger. Vor diesem Hintergrund ist jede Reklamation, sachlich betrachtet, zunächst einmal berechtigt. Diese Anerkennung bietet die Basis für eine sachliche Reklamationsbearbeitung.

Dazu benötigt man ein gutes Maß an Disziplinfähigkeit bei sich selbst. Das ist für viele Menschen keine triviale Angelegenheit und erfordert ein permanentes Beobachten seiner eigenen Reaktionen und Handlungen. Die Disziplin, genau der ersten Intensionen nach dem Erfahren der Reklamation nicht nachzugeben, eröffnet den Blick auf das Wesentliche und damit ist der Weg frei, eine geistige Konzeptionierung zu gestalten, die als Ergebnis einen Gewinn anstrebt. Das ist die theoretische Grundlage für eine konstruktive Reklamationsbearbeitung.

Eine Reklamation sollte ebenso mit positiven Grundgedanken, wie ein normaler Auftrag, bearbeitet werden. Der Erhalt der Partnerschaft ist das erste Ziel. Dann muss darüber nachgedacht werden, wie mittels dieser Reklamation die Partnerschaft noch gestärkt werden kann.

Reklamation als Chance

Fast in jeder Reklamation steckt eine Chance – man muss sie nur erkennen und dann auch wahrnehmen! Wie in vielen Fällen geht es um die zwei Begriffe “Sender“ und “Empfänger“. Man verpasst die Chance, aus dem Reklamationsfall etwas Positives zu gestalten, wenn man von nicht nutzenbringenden Gedanken gefesselt ist. Da ist der Blick vernebelt, da kommen keine inspirierenden und innovativen Geistesblitze. Es gilt also zunächst die Aussagen des Reklamierenden zuhörend und gewissermaßen neutral aufzunehmen. Eine Wertung findet zu diesem Zeitpunkt nicht statt. Auch keine Gedanken, was das jetzt wieder alles kostet oder sonstige blockierenden Überlegungen. Neutral heißt neutral. Auch eine einseitige Kundenposition zu diesem Zeitpunkt einzunehmen, macht keinen Sin und ist nicht zielführend. Je sachlicher und frei von emotionalen Bewertungen über Dinge, die gar nicht zur Entscheidung anstehen, zugehört wird, desto erfolgreicher wird die Reklamation abgewickelt werden können. Insbesondere darf in diesem Moment die Kostenfrage keine kurze Entscheidungsgrundlage sein. Pragmatismus ist angesagt.

Eine zielführende Reklamationsbearbeitung, im Sinne des Kunden, ist ein Unterscheidungsmerkmal, welches man selbst gestalten kann. Kunden akzeptieren in der Regel, dass in Produktionsbetrieben Fehler passieren können. Was sie nicht akzeptieren, ist eine unzureichende Art der Reklamationsbearbeitung. Das wirkt nachhaltig! Der Umgang mit Kundenreklamationen zeigt nach außen, wie in der Druckerei innen gearbeitet wird und welcher Geist dort herrscht.

Die Schuldfrage

Gerne wird nach dem Eingehen einer Reklamation heiß und emotional über die Schuldfrage diskutiert. Meist bildet sich im Kopf bereits die Antwort, bevor man in eine Analysephase geht. Es scheint, dass die Antwort darauf überlebenswichtig zu sein scheint. Völlig daneben, die Bearbeitung dieser Antworten im akuten Dialogstadium, behindert mehr als alles andere eine sinnvolle Lösung.

Fazit: Man kann die konstruktive Reklamationsbearbeitung als positive Aufgabenstellung verstehen. Sie bietet die Chance zur Weiterentwicklung der Mitarbeiter und des Leistungsportfolios der Druckerei. Sinnvoll ist die Erarbeitung einer Kommunikations- und Verhaltensstruktur für die Personen, die im Kundenkontakt sind. Positiv ist dabei, dass eventuelle Schwächen der Druckerei sichtbar gemacht werden. Schlecht wäre, nach der Reklamation so weiter zu machen, wie vorher.

Der Andere macht´s billiger!

Immer wieder stehen Druckereien vor der Frage, warum kann der Wettbewerber günstiger als man selbst anbieten.                                                                                      Die Gefahr dabei: Es wird ohne Hintergrundwissen aus dem jeweiligen Unternehmen, diskutiert und u. U. noch ein für sich selbst zufriedenstellendes, wenn auch ärgerliches Urteil, gefällt.

Durch welche Brille wird geschaut?

Richtig ist, dass in der Regel keiner bei dem Anderen hineinschauen und eine sichere Expertise vornehmen kann. Mitunter sind es sogar existentielle Entscheidungsgründe, einen günstigeren Preis abzugeben. Unbestritten ist, dass eine Druckerei wirtschaftlich rentabel arbeiten muss. Um dieses zu erreichen braucht es Strategien, nicht nur für die Umsetzung des jeweiligen Geschäftsmodells, nein, auch bei der Unternehmensführung nach innen bedarf es eines strategischen Vorgehens.                                                     In der Fachpresse sind immer wieder Ratschläge zu lesen, die m. E. nur bedingt hilfreich und individuell nicht direkt einsetzbar sind, sie sind mehr theoretischer Natur. Es sind Vorschläge, das Dilemma (z.B. Auftragsrückgänge) primär mit kaufmännischem Handwerkszeug zu beheben. Bei eindimensionaler Umsetzung dieser Vorschläge läuft man Gefahr, Ressourcen zu verschleudern und lediglich kurzfristige Wirksamkeiten zu erreichen. Jeder kennt die Begriffe wie Kostenbremse, kostenwirksame Veränderung der Personalstruktur, weniger Häuptlinge, Fokus auf Deckungsbeitrag, Reduktion der Fehlerquote usw., usw..

Wechselwirkungen

Nach meiner Erfahrung stehen Preisgestaltung und damit das Kalkulationsportfolio für den Kalkulierenden, in vielen Fällen in enger Beziehung zu den Gegebenheiten im Betrieb selbst. Lediglich auf die Motivationsskala der Belegschaft zu blicken, wäre zu trivial. Natürlich kann man die Maschinenführer zu höheren Leistungen antreiben. Man kann auch den Weg gehen, alle Kostenstellenleistungen in Einzelstatistiken zu fassen um dann subjektiv einfach 10% mehr verlangen. Der Nutzen wäre aber nur kurzfristig!

Es ist die von mir vielzitierte Komplexität bei der Durchführung der Unternehmensführung. Es gibt keine “Einzelentscheidungen“, es geht nur mit Gesamtkonzepten. Alleine die Fehlerquote ist ein Thema, welches bei einer individuellen auf das jeweilige Unternehmen fokussierte Ursachenforschung, zu ungeahnten Ergebnissen führen kann. Manch ein Unternehmer wäre erstaunt, welche Parameter die Fehlerquote in seinem Betrieb beeinflusst.

Wenn man ohne zielgerichtete Kommunikation die Forderung an die zweite Führungsebene nach schneller laufenden Maschinen aufstellt, ist dies eine Einzelentscheidung, die zu mehr oder weniger Widerstand führt – zumindest kurzfristig. Langfristig können noch viel weitreichendere Reaktionen folgen. Zum Beispiel eine Solidarisierung der Führungsebene mit den Mitarbeitern. Im Schulterschluss trainiert man, der Stärkere zu sein.

Wenn man z. B. die “Schlagzahl“ im Verkauf erhöht, zieht das Auswirkungen in Kalkulation, AV, Disposition, Vorstufe, Materialeinkauf, Druckerei usw., nach sich. Es müssen also konkrete Kommunikationsabläufe einer solchen Maßnahme vorausgehen.

Was wären mögliche Lösungen?

Die Formel ist: „Die Kraft von innen heraus zu entwickeln“, als ganzheitlichen Lösungsansatz; es ist die nachhaltigste und erfolgreichste Vorgehensweise für einen Unternehmer.                                                                                                                        Hierzu gibt es allerdings keine fertigen Rezepte. Von innen heraus bedeutet, dass es auch innen beginnen muss. “Innen“ ist verbunden mit Visionen im Kopf des Unternehmers. Eine Grundlage für eine geistige und auch physische Beweglichkeit der Mitarbeiter, analog der Marktveränderungen, ist ein funktionierendes Kommunikationsgebilde. Das geht immer vom Unternehmer über die Führungsebenen in den Betrieb hinein.

Sender und Empfänger

Wenn es aufgrund prekärer Situationen für das Unternehmen zu Anpassungsnotwendigkeiten kommt, ist der Unternehmer der Übermittler von Botschaften. Er ist dann der “Sender“ und der Mitarbeiter der “Empfänger“. Es ist unumstritten, dass der Sender dafür verantwortlich ist, dass der Empfänger richtig interpretiert.                                                                                                                                 Für den Unternehmer ist klar, dass die Maschinen sich mehr und schneller drehen müssen, damit sein Geschäft am Leben bleibt. Aus Sicht der Mitarbeiter ist klar, dass der Chef eigentlich nur höhere Gewinne haben möchten und im Übrigen, sie für die Preise und die Akquise nicht zuständig sind.

Die Kernfrage daraus?

Kann man verlangen, dass der Mitarbeiter, auch wenn er täglich sehen kann dass die Druckerei nicht ausgelastet ist, bei sich automatisch die gleichen Dinge im Kopf verbindet, wie der Unternehmer selbst? Nein, in der Regel nicht.                                      Die unterschiedlichen Interessenslagen unterbinden das.                                                  Aus dieser sachlichen Antwort resultieren die notwendigen Schritte unter Berücksichtigung des Prinzips “Sender“ und “Empfänger“. Hier beginnt mein Ansatz zu dem entwickeln der Kräfte von innen heraus. Es gilt einen Prozess zu gestalten, dessen Ergebnis es ermöglicht, eine variable Dynamik des Gesamtgebildes “Betrieb“ zu bekommen.

Zu den quantitativen Leistungswerten (Rüst- und andere Fertigungszeiten) kommen noch die qualitativen Parameter, welche die Leistungsfähigkeit einer Druckerei ausmachen. Damit ist nicht Druck- oder Bindequalität gemeint. Nein, es sind dies die Parameter Identifikation und Loyalität zum Unternehmen, die es dem Mitarbeiter ermöglichen die ausgesendeten Botschaften zielführend für das Unternehmen zu interpretieren.

Fazit:                                                                                                                                   Die Kalkulation kann nur die Größe an Leistungsfähigkeit im Angebot abbilden, die auch real vorhanden ist. Die Leistungsfähigkeit auf beiden Ebenen (quantitativ und qualitativ) wird vom Unternehmer und den Führungskräften gestaltet. Die Menschen im Betrieb sind i. d. R. aufnahmebereiter als man allgemein für möglich hält. Das gilt für Krisenzeiten (da braucht man Arbeitszeitmodelle) ebenso wie für Spitzen (da benötigt man Ü-Std oder Flexibilität). Erst ein strukturierter Dialog fördert eine Verbreiterung des Blickwinkels.