Souveränität im Mitarbeitergespräch

Jedem, der Personalverantwortung hatte oder aktuell hat, sind unangenehme Mitarbeitergespräche nicht unbekannt. Geschäftsführer und Führungskräfte treffen immer wieder auf Zeitgenossen, die sich auf absolut sicherem Terrain wägen und dazu neigen, dies als Freibrief für Verbalattacken in Gesprächen mit dem Chef oder dem Vorgesetzten zu sehen.

Die Spirale wird in Gang gesetzt und am Laufen gehalten

Was ist mit schwierigen Mitarbeitern gemeint? Nun, es sind meist Menschen, die schnell eine Meinung haben, unreflektiert und der Ansicht sind, nur Ihre Position ist die einzig richtige. Einhergehend mit einem ungesunden Maß an Selbsteinschätzung was die Position im Ablauf angeht, kann das zur Eskalation im Mitarbeitergespräch führen. Hinzu kommt meist noch eine niedrigschwellige Konfliktfähigkeit. Nimmt man als Beispiel ein verhaltensbedingtes Mitarbeitergespräch, folgt auf die erste Ansprache durch den Vorgesetzten meist sofort der erste persönliche Angriff. Die ersten Angriffe sind dann mehrheitlich nicht direkt verbalisiert, sondern erfolgen versteckt. Diese versteckten Botschaften können in der Regel nicht direkt beantwortet werden. Das ist vom Verursacher auch gar nicht beabsichtigt! Nein, es werden Pfeile abgeschossen und die sollen schmerzen. Das funktioniert auch, weil wir Menschen unterschwellige Botschaften weniger bewusst aufnehmen und diese unterbewusst verarbeiten. Allgemeine Fehlerquote, unzureichende Auslastung, bevorstehende Bankgespräche u. a., wirken zusätzlich potenzierend, wenn es um die Befindlichkeit des Vorgesetzten geht. Das bedeutet, im Gespräch mit schwierigen Mitarbeitern spielt die persönliche Tagesform und die Tagessituation im Betrieb eine nicht unerhebliche Rolle. Diese Parameter bestimmen auch die Stufen der Angreifbarkeit. Der “freche“ Mitarbeiter wird keine Gelegenheit auslassen, dem Vorgesetzten zu zeigen, “was denn Sache“ ist! Kommt dann noch hinzu, dass der Vorgesetzte oder Chef nicht ganz so schnell und souverän mit dieser Situation umgehen kann, ist der Gesprächsausgang bereits in frühem Stadium vorprogrammiert. Der “überhebliche“ Kandidat nutzt seine momentan gefühlte Vormachtstellung aus und entpackt eine Provokation nach der anderen. Die Menge dessen, was er auspackt, richtet sich nach seiner individuellen Situation im Betrieb. Es gibt viele unterschiedliche Typen: Mal fühlt sich jemand benachteiligt oder ungerecht behandelt, mal möchte jemand eine Gehaltserhöhung, die er aus bestimmten Gründen nicht bekommen kann, mal ist es persönliche Antipathie u. a.. Es gibt aber auch notorische Nörgler, die alles was der Vorgesetzte oder der Chef macht, für schlecht halten. Dieser Typus würde auch Dinge, die er selbst genauso machen würde, niemals gutheißen. Der Chef oder die Führungskraft fühlt sich angegriffen und schlägt zurück. Die Spirale beginnt sich zu drehen. Schwierige Mitarbeitergespräche meistert man mit Souveränität und Methode!

Die Situation beherrschen

Gespräche mit schwierigen Mitarbeitern sollten grundsätzlich nicht ohne Vorbereitung (mental und schriftlich) geführt werden. An dieser Stelle der wichtige Hinweis, dass gerade mit “schwierigen“ Mitarbeitern permanent kommuniziert werden muss. Aber immer mit Bedacht und überlegt. Aufmerksamkeiten dieser Art mit schwierigen Mitarbeitern ist ein positiver Multiplikator für gute Entwicklungen in Richtung Team. Gesprächsinhalte (Botschaften) und Gesprächsziele sollten gut vorbereitet sein. Es gilt das Motto: Was will ich erreichen und wo will ich hin! Die schriftliche Vorbereitung hat zwei Hintergründe: Zum ersten dient sie als roter Faden des Gesprächs und fast noch wichtiger, es gibt Sicherheit.

Wenn der Mitarbeiter zu ausufernd wird oder den Vorgesetzten aus dem Gesprächskonzept bringen möchte, kann man ihn immer wieder zielsicher zum Punkt zurückholen, an dem man ihn haben möchte. Der Gesprächsleitfaden sollte es ermöglichen, dass der Vorgesetzte das Gespräch führt, das heißt: Es wird nur das besprochen, was in seinem Leitfaden steht. Neue Schlachtfelder werden nicht eröffnet. Ganz wichtig: Über Dritte wird in diesem Gespräch nicht gesprochen. Es ist allgemeine Praxis, dass Mitarbeiter z. B. in einem Kritikgespräch, gerne auf weniger gute Mitarbeiter verweisen. Dieser “Einladung“ zur Abgabe der Gesprächsführung, ist nicht Folge zu leisten. In Einzelgesprächen, egal aus welchem Grund, wird nur über die Personen gesprochen, die im Raum sind. Es ist nicht zielführend eine Gesprächsdominanz aufzubauen. Allerdings sollte man sich die Führung des Gesprächs auch nicht aus der Hand nehmen lassen. Bei schwierigen Mitarbeitern werden in dem Gespräch grundsätzlich keine direkten Vorwürfe formuliert. Sollte der Mitarbeiter etwas Gesagtes als Angriff interpretieren, muss man einen Ausweg haben. Am besten ist der Rückruf zur Agenda oder auch die angesprochene Interpretation als Thema zusammenfassen und ein separates Gespräch unbestimmt terminieren. Keinen festen Tag nennen.

Lufthoheit wahren

Es kommt vor, dass ein Chef oder Vorgesetzter mit guter Absicht in ein Mitarbeitergespräch geht und dann sehr schnell mit Dingen konfrontiert wird, die er noch gar nicht im Fokus hatte, bzw. wenn im Betrieb irgendwas vorgefallen ist, von dem er noch gar nichts wissen konnte. In solchen Fällen ist der Gesprächspartner meist emotional aufgewühlt und lässt seinen Gefühlen freien Lauf. Dann kann es schon mal passieren, dass von Beginn an persönliche Angriffe gestartet werden. Dem ist nicht emotional nachzugeben, sondern methodisch zu begegnen. Wichtig ist, dass man die Transaktionsanalyse mit den Ich-Zuständen im Kopf hat und zu dem Gesprächspartner Eltern-Ich kommuniziert. Oft wird der Fehler gemacht, dass Chefs nun denken, der soll mal Dampf ablassen und dann sehen wir weiter. Die Gefahr ist dann riesengroß, dass man in die Form des Erwachsenen-Ich (Transaktionsanalyse nach Eric Berne) verfällt. Trifft das ein, ist das Gespräch kaputt und man sollte das eigentliche Thema in einem neuen Gespräch angehen. Läuft das Gespräch aus welchen Gründen auch immer aus dem Ruder, gilt es die Contenance zu wahren. Für manche Menschen ist es schwer zu ertragen, wenn sie subjektiv gefühlt ungerecht verbal angegriffen werden. Wenn man dann noch Chef oder Vorgesetzter ist, ist es nochmal schwerer. Erschwerend kommt hinzu, dass wenn der Angriff seitens des Mitarbeiters für etwas erfolgt, was man zuvor in guter Absicht gemacht hat. Die souveräne Abwehr ist dann eine große Herausforderung. Nochmal schwieriger wird es, wenn die Erkenntnis zu Tage tritt, dass der Mitarbeiter die Aktivitäten des Chefs oder des Vorgesetzten gar nicht richtig verstanden hat.

Stolpert man in solche Gespräche hinein, ist eine souveräne Schlagfertigkeit von großem Nutzen. Die Kunst ist, bei Frontalangriffen die Kommunikationshoheit zu behalten. Es ist sicher in vielen Fällen sinnvoll, nicht direkt “ins Messer zu laufen“, also nicht direkt zu antworten. Es ist ebenso wichtig, nicht mit Überheblichkeit zu kontern. Je nach Persönlichkeit des “Angreifenden“ kann die Erwiderung platt, verpackt oder als Metapher zum Einsatz kommen. Bitte immer daran denken, dass Botschaften zu über 70% durch die Körpersprache übermittelt werden.

Fazit: Menschen, die Führungspositionen begleiten und nicht über ein Repertoire an zielführenden Abwehrtechniken verfügen, können das trainieren. Mit externer Unterstützung und Videotraining kann der Umgang mit schwierige Kommunikations- und Konfliktsituationen, trainiert werden. Mit Disziplin und Durchhaltevermögen kann die eigene Position verbessert werden. Training ist z. B., immer wieder mit den “Schwierigen“ im Betrieb Gespräche zu führen. Diesen Menschen proaktiv aufzeigen, dass sie mit ihrer Methode nicht weiterkommen. Schwierige Mitarbeitergespräche intelligent und nicht mit Lautstärke oder “Schnappatmung“ führen, dass ist das Ziel. Der Umgang mit schwierigen Menschen ist also nicht´s, was nicht lösbar ist. Es ist eine Herausforderung, die Chefs und Führungskräfte annehmen sollten.

„Sie denken zu viel!“ – Demotivation vom Feinsten

Gibt man in der Suchmaske bei Google die beiden Wörter “Motivation“ und “Demotivation“ ein, zeigen sich für den ersten Begriff 299 Mio. Einträge und für das zweite Wort 5,5 Mio. Einträge (Stand 22.10.2016). Die Zahlen (undifferenziert) lassen die Assoziation zu, dass es aufgrund der geringeren Anzahl an Beiträgen, mühsamer ist zu demotivieren, als zu motivieren. Soweit die Theorie, die Praxis zeigt was Anderes. Diese These wird thematisch von einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) belegt und veröffentlicht wurde sie mit folgendem Teilergebnis im Oktober 2016: Nur 44% der Befragten in Deutschland haben Vertrauen zum Unternehmen als Arbeitgeber. Diese genannte Größe führt nach dem Hinterfragen, warum das so ist, zwangsläufig zu dem Thema Demotivation.

Art und Inhalt der Kommunikation

Demotivieren kann man auf vielerlei Art. Die nachhaltig erfolgreichste Art, die zur Demotivation führt, ist, mit Mitarbeitern nicht sprechen. Selbst introvertierte Genossen wollen Ansprache. Genau betrachtet gehört die Kommunikation zur Fürsorgepflicht des Unternehmers. Es ist das bewusste Führen von Gesprächen, insbesondere die Gespräche im Tagesgeschäft. Ich rate Führungskräften in Seminaren den Besuch des Kaffeeautomaten mit entsprechendem Zeitfenster für Small Talk. Die Art der Kommunikation richtet sich individuell nach der Persönlichkeit des Angesprochenen. Die Kommunikationsform bewegt sich sinnvollerweise auf der Ebene des “Erwachsenen-Ich“ (Transaktionsanalyse nach Eric Berne) und man verwendet, je nach Typ, mit entsprechender Distanz die Sprache des Angesprochenen. Selbstkontrolle und Disziplin sind zielgerichtete Eigenschaften bei Führungskräften beim Kommunizieren mit Mitarbeitern aber auch mit Vorgesetzten. Bei der Kommunikation wird meist nicht daran gedacht, dass der größte Anteil der übertragenen Botschaften an einen Empfänger, die Körpersprache ist. Dann erst folgen Stimme, Energie, Mimik. Zum Schluss und mit einem Anteil von <10% kommt erst der Inhalt.

„Sie denken zu viel!“

So oder so ähnlich lautete der Ausspruch, den ein Vorgesetzter seinem Mitarbeiter zurief, als dieser in positivem Sinne auf mögliche Gefahrenpotentiale bei der termingerechten Durchführung von Aufträgen zurief. Sicher gibt es Menschen in Vorgesetztenfunktionen, denen solche Sätze ganz schnell über die Lippen kommen. Noch schlimmer ist es, wenn sie das auch so meinen. Wenn sich mit solch einem Satz auch noch verbindet, dass der angesprochene Mitarbeiter dies auch explizit so vollziehen soll – ergo, es für korrekt halten soll, läuft es völlig in die falsche und eine unternehmensschädigende Richtung. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass solche o. ä. Aussagen, in der Regel oberhalb der Abteilungsebene, gemacht werden. In diesen Bereichen kommt es ebenso vor, dass einem Mitarbeiter gesagt wird, wenn er durch das Eingangstor kommt, könne er sein Gehirn ausschalten.

Mehr an Demotivation als mit diesen Sätzen kann man nicht erreichen. Man kann bei Menschen, die sich in Zeiten mit überproportionaler Auslastung um die Erreichbarkeit von Kundenzufriedenheit eigene Gedanken machen, eigentlich nicht größeren Schaden anrichten. Da geht ein Mitarbeiter in die Verantwortung für das Ganze und bekommt mit einem Satz die Füße weggezogen.

Demotivation geht schneller als Motivation

Man glaubt es kaum, wenn man das Problem nicht bewusst thematisiert, aber Demotivation geht unheimlich fix von der Hand, bzw. kommt schneller als man es sich manchmal wünscht, aus dem Mund. Es gibt insbesondere, das Verbale betreffend, die Weisheit: Was zwischen Deinen Lippen heraus ist, kannst Du nicht mehr zurückholen!

Der Vorgesetzte hat außer des Verbalen reichlich Facetten, um anderen Menschen seine Geringschätzung und sein Missfallen auszudrücken. Das Unternehmen ist aber ein komplexes Gebilde mit Eigenleben, welches von den Führungskräften und Vorgesetzten maßgeblich, wenn nicht sogar überhaupt, gestaltet wird. Der geschäftliche Erfolg ist umso prägnanter, wenn die Motivationsfaktoren gegenüber den demotivierenden Faktoren überlegen sind.

Fazit: Aussagen wie: „Sie denken zu viel“ oder „Geben Sie ihr Gehirn am Tor ab“ zeigen in erster Linie auf, dass es hier Defizite bei den Führungseigenschaften gibt. Es könnte sein, dass in größeren Unternehmen der Druck zu groß ist, was für sich alleine betrachtet durchaus zu Nachlässigkeiten in der Kommunikation führen kann. Das aber kann man trainieren und damit in eine Veränderungsphase eintreten. Der Rest kommt von alleine. Ich wage hier mal eine weitere These: Eine Führungskraft kann auch erfolgreich sein, wenn sie mit entsprechendem Verhalten und der richtigen Kommunikation zu einer intrinsischen Motivation führt.