Pricing in der Druckindustrie und die Eigenverantwortung

In vieler Munde und gerne allgemein emotional diskutiert ist das Pricing (neues Wort in der Umgangssprache) in der Druck- und Medienindustrie. Es wird diskutiert wie man am erfolgreichsten Preisanpassungen am Markt durchsetzt. Die Aufgabenstellung mehr für die Dienstleistung zu bekommen besteht in der Tat. Allerdings ist das eine permanente Aufgabe für den Unternehmer. Ein strategischer Umgang mit der Herausforderung ist erfolgsentscheidend und damit eine existenzielle Aufgabe. Das Thema ist komplex und den Außendienst mit der Forderung “Wir brauchen höhere Preise“ rauszuschicken bringt i. d. R. keine nachhaltigen Lösungen! Wichtige Gedankengrundlage bei der Suche nach Lösungen, um ein besseres “pricing“ zu bekommen: Der Preis ist das Ergebnis von Kosten und Leistung. Diese Faktoren sind in der Verantwortung der Druckereileitung!

Die Analyse vor der Strategie

Bei solch einem Berg von Aufgabenstellung bedarf es einer klaren Analyse. Da muss alles auf den Prüfstand. Ein Controlling ist das zentrale Element, um bestimmte Sachstände in Zahlen darzustellen. Erst das Analyseergebnis zeigt die Stoßrichtungen an und damit ist auch eine Zielformulierung möglich. Bei der Umsetzung der Analyseergebnisse sind i. d. R. Veränderungen im Betrieb vorzunehmen. In diesem Teil des Prozesses ist das herausfiltern und der Umgang mit den “Grenzen“ von eventuellen Königreichen im Betrieb. Nicht nur in größeren Druckereien – nein, auch in kleineren Betrieben haben sich über Jahre hinweg unter Umständen Königreiche gebildet, die von Abteilungsleitern oder “vermeintlich guten“ Mitarbeitern verteidigt werden müssen. Bestehende “Königreiche“ sind Gift für Veränderungen. Königreiche entstehen da wo die Führung teilweise oder manchmal auch vollumfänglich als Vakuum wahrgenommen wird – wenn gefühlte Autorität und autoritäres Führen verwechselt werden.

Autorität im positiven Sinn bekommt die Führungskraft von der Belegschaft zugeordnet, die muss man sich erarbeiten (wäre ein eigenes Thema und würde den Rahmen sprengen). Wenn in diesem Kontext der Geschäftsführer sich bei der Analyse der Ist-Situation im Betrieb und auch am Markt, auf die Aussage der Bereichsleiter o. ä., verlässt, bekommt er immer nur “gefärbtes Material“ und daher sind diese Aussagen nur bedingt analysetauglich. Deswegen ist für eine Spiegelung der innerbetrieblichen Gegebenheiten das Controlling ein wichtiges Element.

Was die Außenlage bei dem Thema Pricing betrifft ist auch hier ein klarer Blick auf die Vertriebsmannschaft und deren individuellen Fähigkeiten geboten. Gibt es ein Vertriebsleiter, sollte dieser auf dem Gebiet “Führen von Vertriebsmitarbeitern“ eine gute Ausprägung haben. Verkauft die Vertriebsmannschaft Produkte oder Nutzen für den Kunden? Vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung höhere Preise zu erzielen ist das ein zentrales Thema, welches beleuchtet werden muss. Aufgrund der bisher nicht wiederlegten Tatsache das viele Druckereien sehr vergleichbar sind, spielen die Vertriebstechniken und -methoden eine wichtige Rolle. Der Verkaufsleiter muss heutzutage der Coach der Vertriebsmitarbeiter sein. Er sollte sich in permanenter Weiterbildung befinden, um den wechselnden Anforderungen gerecht werden zu können.

Der Wert des Produktes – der Verkauf

Kürzlich im Deutsche Drucker nachzulesen, dass das Produkt nicht am Preis, sondern am Wert zu messen sei. Dieser Wert müsse dann vermittelt werden – da liegt der Begriff Worthülse in greifbarer Nähe. Man stelle sich vor, ein Vertriebsmitarbeiter der 20 Jahre das Produkt verkauft hat soll nun erklären, dass das Produkt (welches das Gleiche ist) nun einen hohen Wert für den Kunden hat und mehr kostet – das funktioniert nicht! Das gut hergestellte und preislich akzeptable Produkt ist nur eine logische Folge einer belastbaren Kundenbeziehung. Das ist der richtige Weg zu besseren Preisen (Bezugnehmend auf den Vertrieb!). Das Produkt ist, etwas provokativ ausgedrückt, der kleinste Teil im Nutzennetz des Kunden.

Der Betrieb – die Druckerei im Inneren

Selbst bestens aufgestellte und geschulte Verkaufsmitarbeiter stoßen an ihre Grenzen, wenn es im Betrieb mittelmäßig zugeht. Das Niveau von Außendienst und Technikpersonal “innen“ sollte gleich und auf gutem Level sein. Die Führungsriege und ein paar Fachkräfte sollten ermessen können, was ein erfolgreicher Vertrieb benötigt, um eine nachhaltige Kundenbeziehung aufzubauen. Der beste Verkauf ist machtlos und wird auf Zeit demotiviert, wenn Fehlerquote und Krankenstand der Kundenzufriedenheit entgegenstehen. Es ist nun mal unausweichlich, dass der Verkaufserfolg und der Zustand im Inneren der Druckerei in Korrelation stehen. Nichts ist unangenehmer wiederholt Reklamationsgespräche führen zu müssen deren Ursachen in Fehlerquote und mangelnder Planbarkeit bzw. mangelhafter Identifikation einzelner Mitarbeiter liegen.

Die Planbarkeit

Explizit in mehrstufigen Druckereien ist die Planbarkeit der Produktionsabläufe die Grundlage für ein gutes Kundenbeziehungsmanagement, einer hohen Kundenzufriedenheit und einem wertschätzenden Preisgefüge. Anzustreben ist, dass mehr als 85% der Aufträge wie geplant durch den Betrieb laufen. Eine (fast) perfekte Disposition ist das A und O eines effizienten Auftragsdurchlaufs. Die Disposition muss zwingend eine Stabsstelle sein die direkt der GL unterstellt ist. Ein gut geplanter Betrieb wirkt sich auf die intrinsische Motivation der sich positiv einbringenden Mitarbeiter aus. Im Kontext ist zu berücksichtigen, dass einige Druckereien in 3 Schichten laufen und Mitarbeiter assoziieren, dass der Laden ja voll ist und man sich nicht mehr anstrengen braucht. Gerade in 3- Schicht-Betrieben muss die Produktivität explizit auf den Prüfstand. Es müssen die Fragen gestellt werden: Was wäre, wenn wir eine um 20 % höhere Leistung an der Druckmaschine, der Falzmaschine, dem Klebebinder oder der Buchstraße hätten? Sind wir nur 3-Schichtig voll, weil die Ausstoßleistungen eher mittelmäßig sind?

Höhere Preise – Persönliche Identifikation

Kommt der Ruf nach höheren Preisen (meist zu spät) sollte der Ansatz zur Lösung des Problems nicht eindimensional mit einer mengenmäßigen Ausweitung der Verkaufsstunden einhergehen. Zuerst gilt es die Strukturen im Unternehmen sachlich zu bewerten. Dabei sind die Mitarbeiter der zentrale Punkt und damit spielen die Führungsfähigkeiten der Betriebs- und Abteilungsleiter eine wichtige Rolle. Deren Fähigkeiten sind auf dem Weg zu Optimierungen entscheidend. Die Qualitäten der Führungsriege stehen auch in Wechselwirkung mit der Führung durch die Geschäftsleitung.

Fazit: Bevor man den Ruf nach höheren Preisen aussendet, ist es Pflicht zunächst das Innere zu analysieren und gesichtete Veränderungen zügig umzusetzen. Am besten man macht Beides, holt mit effizienteren Strukturen aus dem Betrieb 15% mehr raus und setzt gleichzeitig eine Preiserhöhung um. Letzteres können Vertriebsmitarbeiter aber nur dann mit gutem Erfolg, wenn sie das Gefühl haben, dass im Inneren alles getan wurde was notwendig war.

Verkaufsmethodik: Eine Symbiose aus Controlling und Kundenbeziehungsmanagement

Das Kundenverhalten im Printmarkt hat sich gehörig geändert. Da sind die Online-Druckereien und Wettbewerber, die mit Web-Shops mehr Tiefe bekommen möchten. Da sind Kunden, die sich entschlossen haben, das Printgeschäft zu reduzieren und mehr Potential in Online-Publikationen zu investieren. Das Gleiche gilt für klassische Printwerbung, die in die große Netzwelt abwandert.

Wie begegnet ein Druckereiinhaber solchen Entwicklungen?

Das Controlling 

      Günstiger anbieten, um ein größeres Kuchenstück zu bekommen, das sogenannte ALDI-Prinzip? Oder stellt er sich den geänderten Marktbedingungen mit Methode? Die letzte Variante ist die, die eine größere Überlebenschance bietet. Es erfordert allerdings der Erarbeitung eines Konzeptes und ist nicht zu unterschätzen, die Disziplin bei der Durchführung. Es beginnt, wie häufig von mir immer wieder publiziert, mit der Analyse zu verschiedenen Themen im eigenen Haus: Der Zielgruppenfindung sowie der Gegebenheiten vor Ort hinsichtlich des Personals, der Ausstattung und des Kosten-,  Leistungs- und Rechnungswesens. Dann kommen noch die Auswertungen des Controllings und die Markterfahrungen des Vertriebs hinzu. Aus meiner langen Berufserfahrung weiß ich, dass die im Hintergrund wirkende Philosophie in Druckereien, in der Regel in drei Gruppen zu unterteilen ist (ausnahmen gibt es immer):

      Druckereien, die ohne Controlling geführt werden und mit Entscheidungen die sich   z. B. am Steuerberater oder am Kontostand orientieren.

      Das Controlling wird steuernd in die Zukunft eingesetzt, überlagert aber massiv die Entscheidungsspielräume z. B. bei Investitionen oder Personalkosten.

      Das Controlling wird gemäß seiner Aufgabe zur Vergangenheitsbewertung und bei der Planung der Zukunft entsprechend berücksichtigend, eingesetzt.

 Um keine Unsicherheiten aufkommen zu lassen, das Controlling hat seinen festen Platz innerhalb der Unternehmensführung. Es bietet einen Blick in die Vergangenheit und lässt eine Bewertung des Vollbrachten zu. Das Controlling berücksichtigt allerdings nicht den Status quo der Kundenbeziehung, die strategische Kundenbearbeitung und nicht oder nur unzureichend die Befähigungen der Mitarbeiter in der Druckerei. Dies im Kontext zu den Unternehmenszielen zu setzen, ist Aufgabe des operativ tätigen Unternehmers oder Geschäftsführers.

Die Verkaufsmethodik der Druckereivertriebsmannschaft (kann auch eine einzelne Person sein) ist aber immer in absoluter Abhängigkeit der Stimmigkeit zwischen den Zahlen der Vergangenheit und den realen Gegebenheiten vor Ort.

 Das Kundenbeziehungsmanagement

Die Basis eines Kundenbeziehungsmanagements wird vorrangig nicht durch die Eloquenz des Vertriebsmitarbeiters begründet, sondern befindet sich in Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit des Betriebes, welche hinter dem Vertrieb steht.

Das sind techn. Ausstattung, Innovationskraft der Belegschaft, Flexibilität in den Denkstrukturen, die Ablauforganisation im Betrieb, Qualität der Mitarbeiterführung, persönliche Einstellung der Führungsebenen u. a. mehr.

Ein Kundenbeziehungsmanagement baut auf partnerschaftlich orientierten Zielen auf. Das heißt, jeder bringt dem anderen einen Nutzen. Das Geheimnis eines möglichen Erfolges dabei: Diese Philosophie hat nur Bestand, wenn die Mitarbeiter entsprechend kommunikativ beteiligt werden. Mit anderen Worten, der Drucker oder Helfer an der Maschine muss in ähnlichen Kategorien denken, wie der Vertriebsmitarbeiter beim Kunden.

Ergo: Kundenbeziehungsmanagement ist nur ganzheitlich zu betrachten und zu gestalten. Grundsatz beim Kundenbesuch ist, keinen Auftrag zu suchen, sondern dem Kunden einen Nutzen bringen wollen. In diesem Zusammenhang bietet die EKS (nach W. Mewes) umfängliche Hinweise zu strategischem Vorgehen in einer wettbewerbsorientierten Welt.

 Wie setze ich beides nutzbringend ein?

Nun, indem das Zahlenwerk der Vergangenheit Einfluss bei der Gestaltung der Zukunft gewinnt. Wenn z. B. das Controlling herausarbeitet, dass die Kostenstruktur nicht zu den Verkaufspreisen passt, müssen verschiedene Parameter geprüft werden. Hier einige Fragen: Stimmen der BAB und die Kostensätze noch? Werden alle Kosten an den Kostenstellen im MIS erfasst? Sind die im Kalkulationssystem hinterlegten Leistungswerte real? Sind die Rüstzeiten selbst oder der Anteil der Rüstzeit an der Fertigungszeit realistisch? Ist der Pro-Kopf-Umsatz im Branchenschnitt? Stimmt die Menge des eingekauften Materials mit den dokumentierten Verbräuchen überein? Ist die Personalkostenquote stimmig?

So ließe sich die Liste der Fragen noch um einiges weiterführen. Allerdings sind genau diese Fragen zu beantworten, um die Erkenntnisse daraus nutzbringend für den Kunden einzusetzen. Eine Interpretation der Zahlen kann allerdings nicht autark vom Controlling vorgenommen werden. Zielführend ist immer eine Beteiligung des Vertriebs. Einen nachhaltigen Kundennutzen kann nur erbracht werden, wenn der Betrieb im Reinen ist. Weiterführend käme ich dann wieder zur Wechselwirkung von Mitarbeiterführung und Status Quo des Unternehmens, sowohl im Innern als auch der Außenwirkung und damit verbunden, die Kompetenzvermutung bei der Zielgruppe. Es ist und bleibt für den Unternehmer immer komplex. Und diese Komplexität kann nur richtungsweisend bewältigt werden, wenn der Unternehmer seine Führungskräfte als Multiplikator zu Verfügung hat.

Der Unternehmer sollte an und nicht im Unternehmen arbeiten.

Fazit: Alles beginnt im Kopf! Wenn ich es nicht denken kann, kann ich es auch nicht in Bewegung bringen. Der Unternehmer und die Führungskräfte als Multiplikatoren, sind der Schlüssel zu einem zukunftsweisenden Unternehmenskonzept. Den Wettbewerb zu beäugen, bringt keine strategischen Vorteile sondern nur Bewegungseinschränkungen bis zur Unbeweglichkeit. Um einen symbiotischen Nutzen aus Controlling und Kundenbeziehungsmanagement zu ziehen, ist die Gestaltungsfähigkeit des Unternehmers und der Führungsmannschaft von eminenter Bedeutung.